Kapitän Schaurecker
Innschifffahrt Schärding
Kapitän Manfred Schaurecker ist ein echtes Schärdinger Urgestein und Gründer der Innschifffahrt Schärding. Was ihn am Leben mit dem Fluss so fasziniert und ob die Donau ab Passau nicht doch lieber Inn heißen sollte, hat er uns erzählt.
Ganz ruhig liegen zwei Schiffe am Innufer in Schärding. Vereinzelt spazieren schon Leute auf der Innlände Richtung Anlegestelle. Langsam werden es mehr und mehr, eine Gruppe von etwa 30 Personen kommt noch dazu und am Anlegesteg wird das Tor geöffnet.
Ausflugsschifffahrten zwischen Schärding und Passau am Grenzfluss Inn
„Schönen guten Morgen! Ich freue mich, dass Sie heute mit uns fahren!“ – Kapitän Manfred Schaurecker begrüßt seine Gäste an Bord der MS Schärding.
Lautes Organ, blau-weiße Uniform mit golden besetzten Schulterklappen, Vollbart und Kapitänsmütze – so stellt man sich einen richtigen Kapitän vor! Einige Passagiere suchen sich Plätze am Panorama-Oberdeck, manche richten sich an den Tischen am Unterdeck gemütlich ein und sichern sich die besten Fensterplätze. Eine kurze, offizielle Begrüßung, dann legt das Schiff schon ab. Heute steuert Schaureckers Schwiegersohn Christoph das Schiff.
Schloss Vornbachs Turmuhren haben nur auf bayerischer Seite Uhrzeiger.
Von der Barockstadt Schärding geht es stromabwärts durch die Ausläufer des Europareservat Unterer Inn. Ein Naturidyll, das seinesgleichen sucht, und das vom Wasser aus gesehen noch einmal mehr einen ganz besonderen Reiz hat. Kapitän Schaurecker hat das bereits in den 80er-Jahren erkannt. „Mein erstes Schiff habe ich 1987 gekauft. Vom Grund der Donau in Kasten bei Vichtenstein. Der Vorbesitzer hatte es nicht ordentlich gewartet und so war im Winter Wasser eingedrungen. Es wurde einfach von der Donau verschluckt.“ Die Renovierung kostete Geld und Nerven. Auch die Genehmigungen für die gewerbliche Personenschifffahrt am Grenzfluss zwischen Oberösterreich und Bayern waren nicht einfach zu bekommen.
Bayerisch-oberösterreichische Freundschaft am Inn.
„Ich war damals der erste, der Ausflugsschifffahrten am Inn angeboten hat – da mussten erst Regelungen gefunden werden, sowohl in Österreich als auch in Deutschland“, erklärt der Kapitän und – ganz in seemännischer Tradition – nimmt einen Zug von seinem Schnupftabak.
Doch die Mühen haben sich gelohnt, die Passagiere waren begeistert und so konnte bereits 1989 das zweite Schiff vom Traunsee angekauft werden.
„Damals waren das ja reine Transportschiffe – wir haben eine Stadtführung in Schärding gemacht, sind dann mit dem Schiff nach Wernstein gefahren und haben dort an Land in einem Gasthaus gegessen. Bewirtung am Schiff war noch völlig unbekannt, das gab es einfach nicht!“, erzählt der Kapitän. „Da ich selbst gerne esse und ein Glas Bier genieße, wollte ich den Genuss auch an Bord bringen. Der Vorteil: beim Essen und Trinken kann man auch wunderbar aus dem Fenster schauen und die Umgebung betrachten“, Manfred Schaurecker schmunzelt und zeigt dabei auf den Fluss und die vorbeiziehende Landschaft. Immer wieder sieht man am Ufer Radfahrer strampeln, die am Innradweg ins nahe Passau unterwegs sind.
Innradweg bei Wernstein.
„Momentan befinden wir uns kurz vor der Vornbacher Enge, ein wahres Naturschauspiel“, Schaureckers Blick streift über die beiden Ufer, die sich bei diesem imposanten Durchbruchstal von etwa 400 Metern auf 60 Meter nähern. „Früher drückte es das Wasser mit solcher Kraft durch diese Enge, dass man hier den Inn buchstäblich ‚singen‘ hören konnte. Nicht umsonst wurde der Fluss von den Römern ‚Aenus – der Schäumende‘ genannt“. Heute haben zahlreiche Kraftwerke den Inn in seine Schranken gewiesen.
Mitten in der Engstelle ragt ein Felsen aus dem Wasser, auf dem eine steinerne Figur zu sehen ist. Der Johannesfelsen mit der Statue des Brückenheiligen Nepomuk erinnert noch heute an diese einst so gefährliche Passage, die selbst von erfahrenen Schiffsleuten gefürchtet war. Dies ist auch Kapitän Schaureckers Lieblingsstelle. „Dieser Platz erinnert mich daran, dass man es selbst bei regulierten Flüssen immer mit Naturgewalten zu tun hat. Er ist für mich ein Mahnmal für die Verantwortung, die wir gegenüber der Natur haben und dass wir nur MIT der Natur leben und sie niemals ganz bezwingen können.“
Kapitän Schaurecker vor seiner liebsten Stelle – dem Johannesfelsen.
Mit einem Augenzwinkern erzählt man sich am Inn gerne, dass es nach dem Zusammenfluss mit Ilz und Donau in Passau eigentlich weiterhin der Inn sein sollte, der dem Fluss den Namen gibt.
Es ist tatsächlich üblich, dass bei Zusammenflüssen jener Fluss namensgebend bleibt, der das meiste Wasser führt oder den höchstgelegenen Ursprung hat. In beiden Fällen wäre das der Inn. Es wurde in diesem Falle jedoch der Fluss mit dem längsten Vorlauf gewählt. Die Kilometrierung der Donau beginnt ja, anders als üblich, nicht an ihrer Quelle, sondern an der Mündung ins Schwarze Meer. „Und bei allen Witzeleien rund um dieses Thema, muss ich schon sagen, dass es absolut gerechtfertigt ist, dass die Donau auch nach Passau noch Donau genannt wird – alles andere ist Seemannsgarn“, erklärt Kapitän Schaurecker lachend.
Manfred Schaurecker ist nicht nur Kapitän, er versteht es auch, die Menschen zu begeistern, sie zu unterhalten. Er bleibt bei den Tischen seiner Gäste stehen, plaudert, erzählt Witze und kleine Anekdoten.
Ein flammender Geschichtenerzähler – überschäumend vor Anekdoten.
2016 erfüllte er sich mit seiner Lebensgefährtin „Frau Helga“ einen lange gehegten Traum: mit dem ersten Brauereischiff Europas kann er zwei seiner Leidenschaften verbinden. In Kupferkesseln wird im „Kanonenbräu“ köstliches untergäriges Lagerbier nach bayerischer Brauart hergestellt. Benannt wurde es nach dem früheren „Gasthaus Zur Kanone“ am Schärdinger Innufer, dem heutigen Wohnhaus von „Frau Helga“.
Namensgebend fürs „Kanonenbräu“.
Das urige Brauereischiff eignet sich hervorragend für gesellige Gruppenausflüge. Das Bier, das direkt am Schiff gebraut wird, kann gleich verkostet werden, dazu gibt’s Zünftiges aus der Küche.
Überschäumende Freude: der Kapitan auf seinem Brauereischiff „Kanonenbräu“, im Hintergrund: „Frau Helga“
Nach der aussichtsreichen Tour bis kurz vor Passau und zurück, steuert das Schiff langsam wieder auf Schärding zu und die bunten Bürgerhäuser der Barockstadt werden sichtbar. Während die Passagiere wieder an Land gehen und Kapitän Schaurecker sie verabschiedet, gehen bereits im Brauereischiff nebenan die Lichter an. Heute wird der Kapitän dort noch eine Gruppe empfangen. „An Ruhestand ist bei mir noch nicht zu denken! Ich freue mich über jeden Tag, den ich unter Leuten und auf dem Wasser verbringen kann!“