Wo Moosweibchen rasten
Ihr Gewand ist aus Moos. Dazu tragen sie Schürzen aus Tannenreisig. Meist wurden sie an ganz bestimmten Stellen im Wald gesehen. Ihr Leben ist nämlich mit dem Baum verknüpft, der ihnen Schutz bietet. Wird er gefällt, so muss das Moosweiberl, das in ihm wohnt, sterben.
Oft halfen die seltsamen Weiberl den Holzknechten bei ihrer schweren Arbeit. Mitunter beschenkten sie sie auch mit goldenen Tannenzapfen. Der größte Feind der Waldweiberl ist der Wilde Jäger. Wenn der mit Sturmgewalt durch den Wald braust, jagt er ihnen nach. Erwischt er ein Weiberl, so zerreißt er es in Stücke.
Einmal schlug ein junger Bursch im Wald Holz. Als die Dämmerung kam, wollte er Feierabend machen. Da stand plötzlich ein Moosweiberl vor ihm. Es hatte eine rote Mütze auf und hielt einen Stock in der spandürren Hand. »Ich bitte dich«, flehte es den Holzknecht an, »schlag in jeden frischen Baumstumpf drei Kreuze hinein! – Heute Nacht kommt wieder der Wilde Jäger und tobt durch den Wald. – Auf einem Baumstumpf mit drei Kreuzen können wir rasten. Da kann er uns nichts anhaben.«
»Das ist ein kleiner Gefallen«, lachte der Bursch, »den kann ich dir gerne tun.« Flink schlug er in jeden Baumstumpf drei Kreuze.
»Ich danke dir«, sagte das Waldweiberl, »Deine Gutherzigkeit soll dir viel Glück bringen.« Im nächsten Moment war es verschwunden.
Der Holzknecht aber kam tatsächlich zu Wohlstand. Er blieb vor Verletzungen und Krankheit verschont. Glücklich lebte er bis ins hohe Alter.
Wer weiß, was der Wald dir zuflüstert!
© Helmut Wittmann